In Deutschland ist die Gefahr einer Erkrankung an Tollwut durch den Biss eines Wildtiers extrem niedrig. Die für Waschbären gefährlichste Krankheit stellt die Staupe dar, die im Jahr 2007 erstmals im deutschen Verbreitungsgebiet nachgewiesen wurde.
Tollwut
Die Tollwut gehört noch immer zu einer der gefährlichsten Krankheiten weltweit, pro Jahr sterben zwischen 40.000 und 70.000 Menschen an der Virusinfektion. [WT] In der Regel wird sie durch den Biss eines infizierten Tieres übertragen. Auch Waschbären können mit Tollwut infiziert sein, aber das Ausmaß der Angst vor tollwütigen Wildtieren in der westlichen Welt ist völlig übertrieben. In Deutschland ist die Tollwut praktisch besiegt. In den letzten Jahren wurde jeweils gerade noch ein Dutzend infizierter Tiere festgestellt, ganz zu schweigen von der noch viel selteneren Übertragung auf den Menschen. Bezogen auf die direkte Übertragung durch den Kontakt mit einem tollwütigen Tier innerhalb Deutschlands gab es seit mehr als zehn Jahren kein einziges Todesopfer mehr zu beklagen. Selbst in den USA sterben heute pro Jahr durchschnittlich nur noch ein oder zwei Menschen an Tollwut, die meisten Infektionen gehen dabei auf Fledermausbisse zurück. Was die Waschbärtollwut angeht, gibt es aber noch einige verstärkt tollwutgefährdete Gebiete im Südosten und Osten der USA, wo Vorsicht tatsächlich angebracht ist. Im europäischen Verbreitungsgebiet wurde die Waschbärtollwut dagegen noch nicht nachgewiesen, sondern nur einige vereinzelte Fälle, wo Waschbären an anderen Tollwutarten erkrankt waren. [DW] Vor diesem Hintergrund gleicht es geradezu an Hysterie, wenn in jedem zweiten bei YouTube hochgeladenen Video, das einen Waschbären bei Tageslicht zeigt, laut "RABIES!!!" bzw. "TOLLWUT!!!" geschrien wird.
Fehlende Scheu vor Menschen ist bei den neugierigen Waschbären keineswegs ein untrügliches Zeichen für Tollwut |
Zunächst einmal ist es für Waschbären alles andere als ungewöhnlich auch bei Tageslicht unterwegs zu sein. Gerade hungrige junge Mütter müssen im Spätfrühling und Sommer jede Gelegenheit zur Futtersuche nutzen und dabei das für sie höhere Überlebensrisiko am Tag in Kauf nehmen. Selbst wenn ein Waschbär auffälliges Verhalten zeigt und gesundheitlich angeschlagen aussieht, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass er an einer für den Menschen ungefährlichen Krankheit wie der Staupe oder der Räude leidet als an Tollwut. Desorientiertheit ohne weitere äußere Anzeichen auf eine Erkrankung kann vor allem im Herbst sogar darauf hindeuten, dass man ein betrunkenes Exemplar vor sich hat, welches zu viele vergorene Früchte genascht hat. Trotzdem ist desorientiertes Verhalten das wohl wichtigste Symptom einer evtl. vorhandenen Tollwut, so dass hier auf jeden Fall Abstand gehalten werden sollte. Nicht zuletzt ist aber eine fehlende Scheu vor Menschen wohl eher ein Zeichen dafür, dass der Waschbär von jemandem angefüttert wurde, als für eine erhöhte Agressivität durch Tollwut wie etwa bei Hunden. Viele verstädterte Waschbären leben jetzt schon seit Generationen im städtischen Siedlungsraum und wissen infolgedessen, dass ihnen von Menschen normalerweise keine Gefahr droht, so dass sie inzwischen jede Scheu abgelegt haben. Tatsächlich zeigen Forschungsergebnisse, dass tollwütige Waschbären sogar eher lethargisch als aggressiv werden und sich an eine ihrer Hauptschlafstätten zurückziehen. Wer wilde Tiere nicht anfasst und ausreichend Abstand zu krank ausschauenden und/oder sich seltsam verhaltenden Tieren hält, dem kann praktisch nichts passieren.
Staupe
Als die für den Waschbären gefährlichste Krankheit ist die Staupe einzustufen, da in Nordamerika an keiner anderen Krankheit mehr Waschbären sterben. [PWE] Sie endet in vielen Fällen tödlich und kann sich zu einer lokalen Epidemie entwickeln, die den Großteil aller Tiere ausrottet. Gerade Waschbären in Gebieten mit einer hohen Bestandsdichte sind durch den ständigen Kontakt der Tiere untereinander besonders gefährdet. So brach im Juni 1998 eine verheerende Epidemie im Stanley Park in Vancouver, Kanada aus, einer der Orte mit den höchsten Bestandsdichten weltweit. [SPE] Im Jahr 2007 wurde die Staupe von Frank-Uwe Michler und seinem Team erstmals auch bei acht an ihr gestorbenen Waschbären im brandenburgischen Verbreitungsgebiet festgestellt. [PWE] Zu den äußeren Anzeichen einer Erkrankung an Staupe zählen: [WPC]
- Antriebslosigkeit, Appetit- und Gewichtsverlust, Lichtempfindlichkeit, Husten, Erbrechen und Durchfall, Krämpfe und Zittern, Fieber, gerötete Augen und eine laufende Nase
Weitere Krankheiten
Im Unterschied zu Nordamerika, wo Waschbären mehr auch für den Menschen gefährliche Krankheitserreger aufweisen, gilt in Europa zur Zeit ein einziger Parasit des Waschbären als potentiell gefährlicher Erreger. [DW] Dies ist der Waschbärspulwurm, der im Dünndarm der Tiere lebt. Die Infektion erfolgt dabei normalerweise durch die orale Aufnahme von Spulwurmeiern im Waschbärkot, was zum Beispiel bei der Säuberung von Latrinen geschehen kann. [DW] Auf seiner Website gibt Ingo Bartussek Tipps zur sicheren Säuberung von Waschbärlatrinen . Wenn man dabei eine gewisse Vorsicht walten lässt, ist die Ansteckungsgefahr als sehr gering einzustufen. [DWK]
Gerade räudige Waschbären werden oft für tollwütig gehalten, obwohl der bei der von Milben übertragenen Räude typische Haarverlust und andere Hautirritationen bei der Tollwut nicht in dieser Form auftreten.
Waschbären können auch an Panleukopenie, gelegentlich Katzenstaupe genannt, erkranken.
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Quellen
- [DW] "Der Waschbär" von Ulf Hohmann
- [DWK] "Die Waschbären kommen" von Ingo Bartussek
- [PWE] Projekt Waschbär im Müritz-Nationalpark: Erste Ergebnisse
- [SPE] Stanley Park Ecology Society: FAQs
- [WPC] Artikel über Canine Distemper bei der englischen Wikipedia
- [WPT] Artikel über die Tollwut bei der Wikipedia
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